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Nach 18 Jahren als Geschäftsführer trat Stephan Peterhans von der operativen Führung des Verbands zurück. Er unterstützt den Verband weiterhin als Leiter Politik und Rahmenbedingungen. Per 1.9.2023 hat Alexandra Märki die FWS-Geschäftsführung übernommen.

29.02.2024
Interview: Andreas Widmer, Bilder: zVg

FWS: Frauenpower für Wärmepumpen

Alexandra Märki wurde vom Vorstand einstimmig zur Geschäftsführerin der FWS gewählt. Als Umweltingenieurin ist sie seit bald 16 Jahren in unterschiedlichen Bereichen der Energiebranche tätig. Der dabei gewonnene Erfahrungsschatz bildet eine solide Grundlage für die kommenden Herausforderungen.

Nach 18 Jahren als Geschäftsführer der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS) tritt Stephan Peterhans von der operativen Führung des Verbands zurück. Er hat mit seinem Wirken sowie seinem grossen Fachwissen die FWS massgeblich geprägt und weiterentwickelt. Er unterstützt den Verband weiterhin beratend sowie aktiv als Leiter Politik und Rahmenbedingungen sowie als Leiter Industrievertretungen. HK-Gebäudetechnik traf die beiden zum Gespräch im «Zunfthaus zur Zimmerleuten» in Zürich.

 

Alexandra Märki, Sie haben die Verantwortung für die Geschäftsführung der FWS am 1.9.2023 übernommen. Bei Politikern schaut man auf die ersten 100 Tage, bei Ihnen sind es jetzt am 9. Januar 2024 131 Tage. An was denken Sie gerne zurück?

Alexandra Märki: Vom ersten Tag an wurde ich vom Team sehr herzlich aufgenommen. Das macht den Start zu einer neuen Aufgabe wesentlich angenehmer. Die FWS verfügt über ein super Team, welches die umfangreichen und anspruchsvollen Arbeitsaufgaben mit hoher Motivation und Kompetenz erledigt. Der Teamgeist ist gross und wird auch gelebt. Von der Branche wurde ich ebenfalls sehr gut willkommen geheissen. Einige von unseren Mitgliedsfirmen durfte ich bereits besuchen und konnte erste positive Eindrücke gewinnen. Die Begehungen auf Baustellen gaben erste wichtige Informationen aus der Praxis. Nach diesen ersten Tagen habe ich ein sehr gutes Gefühl und bin froh, diese neue Herausforderung angenommen zu haben.

 

Alexandra Märki vor dem Zürcher Rathaus: „Ich bin stolz, die Wärmewende hin zu Netto-Null in einer so spannenden Position aktiv mitgestalten zu dürfen».

Alexandra Märki vor dem Zürcher Rathaus: „Ich bin stolz, die Wärmewende hin zu Netto-Null in einer so spannenden Position aktiv mitgestalten zu dürfen».

Als Stephan Peterhans am 1.1.2005 die Geschäftsführung übernahm, wurden in der Schweiz knapp 10‘000 Wärmepumpen verkauft. Im Geschäftsjahr 2023 sind es bereits 43‘490 Stück. Im Jahr 2004 wurden rund 800‘000 Meter Erdwärmesonden verbaut, im Jahr 2023 wahrscheinlich 4,5 Mio. Meter. Wohin geht die Reise im Wärmepumpen-Markt?

Stephan Peterhans: Im Herbst 2017 hat die Schweiz das Übereinkommen von Paris ratifiziert und sich damit zu einem klaren Klimaziel verpflichtet. Der Reduktion der Treibhausgasemissionen auf netto Null bis 2050. Dies bedeutet, dass die Emissionen in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Industrie sowie Landwirtschaft und Abfallbehandlung stark sinken müssen. Mit anderen Worten, bis dahin gibt es noch viel zu tun. Dass Wärmepumpen dabei eine Schlüsselrolle spielen, ist unumstritten und dadurch wird der Bedarf auch in den kommenden Jahren hoch bleiben.

Die Nachfrage nach Wärmepumpen hat in der Schweiz rasant zugenommen. Die Verkaufsstatistik spricht für sich.

Die Nachfrage nach Wärmepumpen hat in der Schweiz rasant zugenommen. Die Verkaufsstatistik spricht für sich.

Alexandra Märki, die vergangenen Monate haben gezeigt, dass der Strom viel mehr politischen Zündstoff beinhaltet als vermutet. Man sprach vor einem Jahr von Mangellage, was vorher nie ein Thema war. Dadurch kam Kritik auf, dass die Politik auf WP und Elektromobilität dränge und dabei die notwendige Versorgungssicherheit nicht optimal gewährleisten kann. Wer kümmert sich um die ausreichende, jederzeit intakte und bezahlbare Stromversorgung bei dieser Entwicklung?

Alexandra Märki: Dem Aufruf des Bundesrats vor Jahresfrist zum Energiesparen liegen mehrere Ereignisse zu Grunde. Einerseits durch den Krieg in der Ukraine und dessen Folgen für Gaslieferungen nach Europa und andererseits auch durch längere Stillstands-Zeiten bei französischen AKWs als geplant. So ging man von einer höheren Nachfrage als Angebot im Strommarkt aus. Aus meiner Sicht ist es möglich, dass die Schweiz einen grossen Teil des Bedarfs selber decken kann. Dies bedeutet einen massiven Ausbau der bestehenden Infrastruktur. Raum für Photovoltaik-Anlagen bieten ungenutzte Dachflächen von Gebäuden und andere Infrastrukturen. Wasserkraft ist im Moment noch die wichtigste einheimische Quelle erneuerbarer Energie und trägt rund 57% zur inländischen Stromproduktion bei. Zahlreiche Wasserkraftanlagen können Energie speichern, in dem sie Wasser in Speicherseen zurückhalten und erst dann zur Stromproduktion nutzen, wenn der Strom benötigt wird. Schlussendlich sind ein geeigneter Strommix entscheidend und Speicherlösungen. Gleichzeitig brauchen wir ein Stromabkommen mit der EU. Ich denke es ist wichtig, dass die Schweiz auch in Zukunft am europäischen Markt teilnehmen kann, auch wenn wir uns nicht allein darauf abstützen sollten. Mit Elektromobilität und Wärmepumpen steigt der Stromverbrauch, aber der Energieverbrauch durch Effizienz-Steigerung sinkt rund um den Faktor 4.

 

Was waren die wichtigsten Schritte für die erwähnte positive Marktentwicklung für Wärmepumpen?

Stephan Peterhans: Im Allgemeinen hat die FWS als erstes auf Betriebssicherheit und Effizienz von Wärmepumpen-Anlagen geschaut. Dann folgten gezielte Marketingaktivitäten, Aus- und Weiterbildungsmassnahmen, Normen und Technik sowie internationale Orientierung und politische Arbeit. Zentral bei der ganzen Entwicklung waren und sind die Mitglieder der FWS, die die Strategie prägten, aufnahmen und umsetzten.

 

Wie beurteilen Sie den Einfluss der Rahmenbedingungen?

Stephan Peterhans: Am 21. Mai 2017 hat das Volk die Energiestrategie 2050 angenommen. Im Vorfeld wurde sehr viel kommuniziert und die Bevölkerung konnte sich informieren. Ab August 2018 starteten die Klimaproteste der Bewegung «Friday for Future», mit welchen die Jugend ein klares Zeichen für Umweltschutz und Nachhaltigkeit setzen will.  Am 13. Juni 2021 mussten die Stimmberechtigten zum CO2-Gesetz Stellung nehmen und am 24. Februar 2022 begann der Ukraine-Krieg und damit stiegen die Öl- und Gaspreise. Das alles hat die Bevölkerung sensibilisiert und für die Technologien mit erneuerbaren Energien aufmerksam gemacht. Noch zu erwähnen ist, dass das Schweizer Stimmvolk am 18.6.2023 Ja gesagt hat zum «Ziel Netto-Null 2050» und dies damit gesetzlich verankert ist.         

 

Zum vielzitierten Fachkräftemangel: Wie kann ein Verband im Bereich Gebäudetechnik zu diesem Thema Einfluss nehmen?

Alexandra Märki: Der Schweiz fehlen Fachkräfte. Das ist eine Tatsache und Lösungen für die Branchen sind gefragt. Eine Fachvereinigung wie die FWS kann Unterstützung durch geeignete Aus- oder Weiterbildungsangebote bieten. Beispielsweise Kurse in Zusammenarbeit mit der WP-Branche für Quereinsteiger aus anderen Berufsgruppen, welche sich auf Wärmepumpen konzentrieren möchten. Immerhin gibt es noch Hundertausende von fossilen Wärmeerzeugern zu wechseln. Durch die grosse Nachfrage nach Wärmepumpen konnte eine, sagen wir, Standardisierung erreicht werden. Dies begünstigt die Ausarbeitung neuer innovativer Berufsmodelle für Quereinsteiger. Auf jeden Fall ist die FWS bereit, einen wichtigen Beitrag zu Lösungen beizutragen.

 

Zum Thema Aus- und Weiterbildungsaktivitäten durch die FWS: Ist das nicht im Prinzip eine Konkurrenz und Doppelspurigkeit zu bestehenden Bildungsangeboten?

Stephan Peterhans: Da gibt es ein klares Nein. Die FWS pflegt den strategischen Ansatz, dass sie nichts konkurrenziert was es schon gibt. Dabei denken wir an Berufs-, Techniker- und Meisterschulen, an Fachhochschulen und Universitäten. Die FWS macht Weiterbildungsangebote dort wo es Lücken gibt. Ein Beispiel ist das Weiterbildungsmodul für Schallfragen bei Luft/Wasser-Wärmepumpen.

 

Warum hält die FWS die Qualitätssicherung so hoch?

Stephan Peterhans: Gebäudetechnik-Anlagen sind, marketingtechnisch gesehen, „no interest“ Produkte. Sie unterliegen nicht einer Nachfrage, die auf Prestige basiert. Sie müssen funktionieren, sollen kostengünstig sein und müssen tiefe Betriebskosten aufweisen. Daher ist es wichtig, dass sich die Branche mit dem Thema identifiziert. Der Wärmepumpen-Markt ist schon einmal zusammengefallen Mitte der 80ziger Jahre, weil die Wärmepumpen-Systeme nicht hielten, was versprochen wurde. Erdwärmesonden sind ein Spezialkapitel. Sie werden in das Erdreich eingebaut und bleiben 50 bis 100 Jahre in Betrieb. Erdwärmesonden durchstossen mehrere Gesteins- und Untergrundstockwerke, zum Teil mit gespanntem Wasser oder Gasvorkommen. Da ist fundiertes Fachwissen gefragt. Dort wo Trinkwasservorkommen liegen, hat der Schutz unseres wichtigsten Lebensmittels oberste Priorität. Es geht um Argumente für die Fördermodelle.

 

Das System WPSM von der FWS stösst gelegentlich bei Installateuren auf Kritik. Man stört sich teilweise an einer gewissen Sturheit (Speicheranbindung, Einzelfreigaben für bestehende Komponenten etc.) bis vermeintliche Wettbewerbsvorteile für  Hersteller. Wird sich in der Praxis etwas ändern?

Stephan Peterhans: Das Wärmepumpen-System-Modul (WPSM) ist eine gemeinsame Entwicklung namhafter Wärmepumpen-Hersteller und Lieferanten, führender Verbände der Branche und von Installateuren.  FWS, suissetec, GebäudeKlima Schweiz GKS, der Schweizerische Verein von Gebäudetechnik-Ingenieuren Die Planer/SWKI und das Bundesamt für Energie BFE bilden die Trägerschaft des WPSM. Alle Kantone haben das WPSM als Bedingung für die Förderung des Ersatzes von fossilen und elektrischen Heizungen durch Wärmepumpen festgelegt. Durch optimal aufeinander abgestimmte System-Komponenten wird der Stromverbrauch der Wärmepumpen weiter gesenkt. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass der Auftrag vom Bund und den Kantonen kommt, zur Optimierung und Sicherstellung der Prozesse im Bereich Wärmepumpen und nicht von irgendwelchen Interessengemeinschaften.

 

Wie will die FWS diese Vielzahl von Aufgaben in der ganzen Schweiz, mit den kantonalen Hoheiten und mit den Einflüssen des Bundes meistern?
Alexandra Märki: Wir sind national mit drei Infostellen in drei Sprachregionen sehr gut verankert und als Kompetenzzentrum für die Technologie Wärmepumpen anerkannt. Auf kantonaler Ebene werden wir die Zusammenarbeit mit den Behörden vertiefen. Die FWS pflegt die Kontakte zu Parlamentariern, was den Zugang zu politischen Angelegenheiten erleichtert und die Mitbestimmung bei spezifischen Punkten ermöglicht. Glücklicherweise verfügen wir über eine Vielzahl erfahrener Kollegen in der Organisation, welche sehr wertvoll sind für eine erfolgreiche Umsetzung der vielschichtigen Aufgaben.

 

Welche Rolle spielt der Vorstand?

Alexandra Märki: Da die FWS wie ein dynamisches Unternehmen aufgestellt ist, übt der Vorstand insbesondere eine strategische und überwachende Rolle aus. Der Vorstand entscheidet über die Ausrichtung der FWS, die Finanzen und die Organisation. Die Geschäftsleitung erarbeitet Vorschläge. Da im Vorstand aus allen Mitgliedergruppen Vertreterinnen und Vertreter Einsitz nehmen, ist gewährleistet, dass alle Leistungen entlang der Wertschöpfungskette mit Wärmepumpen einbezogen werden. Daher sind beispielweise auch Vertreterinnen und Vertreter der Strombranche im Vorstand.

 

Stephan Peterhans, Sie bleiben der FWS durch die Übernahme des Ressorts «Politik und Rahmenbedingen» erhalten. Was interessiert Sie besonders an dieser Aufgabe?

Stephan Peterhans: Da ist einerseits ein allgemeines Interesse am Thema selber. Durch die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie BFE ist ein vertieftes Verständnis für Politprozesse entstanden, welches ich gerne weiterhin zur Verfügung stellen möchte. Über die Jahre bei der FWS konnte ich ein Netzwerk in der Branche, wie auch in der Politik aufbauen. Meine Worte finden Gehör und die Zusammenarbeit mit Personen, welche politische Ämter bekleiden, ist durchwegs angenehm und erfolgreich. Zudem kann ich mich jetzt mit Themen wie die «Lärmschutz-Verordnung für Wärmepumpen» intensiv befassen, denn dazu hatte ich vorher schlicht zu wenig Zeit.

 

Noch eine abschliessende Frage: Welche Herausforderungen stehen für die FWS in den nächsten Jahren an?

Alexandra Märki: Ein grosses Thema werden sicher «Natürliche Kältemittel» im Zusammenhang mit Wärmepumpen sein. Mittelgrosse und grosse Anlage in dicht besiedelten Gebieten unter Berücksichtigung der Lärmschutzverordnung, was immer wieder zu Diskussionen führt. Die Digitalisierung der Organisation in vertieftem Mass weiterführen, wird auch eine sehr wichtige Aufgabe sein. Sowie die Pflege und Vertiefung der Beziehungen zu Partnerfirmen weiterführen. Gerade in einer Welt, die sich immer stärker vernetzt, auch technisch innerhalb der Gebäude, sind Zusammenarbeit und Partnerschaften gefragt. Wie auf dem FWS-Logo soll unser Herz weiterhin für die Wärmepumpe schlagen.

 

fws.ch

 


Kurzprofil Alexandra Märki

Alexandra Märki interessiert sich als Umweltingenieurin ETHZ schon seit jeher für die komplexen Zusammenhänge im Bereich Energie und Umwelt. So hat sie zehn Jahre als Beraterin beim Ingenieur- und Beratungsunternehmen EBP im Bereich Ressourcen, Energie und Klima gearbeitet. Danach hat sie als Co-Geschäftsleiterin drei Jahre die Aktivitäten des Wirtschaftsverbands aee suisse mitgestaltet. Seit 1. September 2023 ist sie als Geschäftsleiterin bei der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz tätig und freut sich, damit Teil der Wärmewende zu sein. Ihre Weiterbildungen in Rhetorik und Moderation am MAZ sowie in «Governing Energy Transitions» der HSG runden ihr Profil ab.


Die FWS

Die Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz FWS wurde 1993 auf Initiative des Bundesamts für Energie, der NOK und Industrievertretern gegründet. Sie umfasst alle wichtigen Organisationen und Gruppierungen, die in der Schweiz im Wärmepumpen-Sektor aktiv sind. Gemeinsam verfolgen die FWS-Mitglieder das Ziel, mit koordinierten Aktivitäten und mit qualitativ hochwertigen Produkten und Dienstleistungen das grosse Potenzial der Wärmepumpe in der Schweiz auszuschöpfen.


 

Die Geschichte der Wärmepumpe ist eng mit der Schweiz verbunden. Bereits 1936 wurde im Zürcher Rathaus eine Wärmepumpe eingebaut, welche 65 Jahre lang das Gebäude mit thermischer Energie aus der Limmat beheizte.

Die Geschichte der Wärmepumpe ist eng mit der Schweiz verbunden. Bereits 1936 wurde im Zürcher Rathaus eine Wärmepumpe eingebaut, welche 65 Jahre lang das Gebäude mit thermischer Energie aus der Limmat beheizte.


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