Automation

09.04.2024
Erik Brühlmann

Ohne KI? Fast undenkbar!

Die Consumer Electronics Show (CES), die im Januar in Las Vegas stattfand, machte deutlich: Ohne Künstliche Intelligenz geht fast nichts mehr. Zwar ist bei genauem Hinsehen nicht alles so intelligent, wie es scheint, aber als Verkaufsargument taugen die Buchstaben «KI» allemal.

Schon seit 1967 bildet die Consumer Electronics Show (CES) den Auftakt ins Technologie-Jahr. Seit 1978 findet die CES jeweils Anfang Januar in der Wüstenstadt Las Vegas im US-amerikanischen Bundesstaat Nevada statt. Seither hat sie sich zu einem Tech-Spektakel der Superlative entwickelt. Auf über 230 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche präsentierten dieses Jahr über 4300 Aussteller ihre neusten Entwicklungen, darunter über 1400 Start-ups. Dazu kam ein Rahmenprogramm mit über 2500 Konferenzen und Vorträgen, bei denen rund 1000 Referentinnen und Referenten zu Wort kamen. Während der vier Veranstaltungstage wurden über 135 000 Besucherinnen und Besucher aus über 150 Ländern gezählt. Die CES wird nicht umsonst als grösste und einflussreichste Technologiemesse der Welt bezeichnet.

 

KI für eine digitale Revolution

Dass Künstliche Intelligenz (KI) längst zu einem inflationär verwendeten Modewort und einem verkaufsfördernden Begriff der Werbebranche geworden ist, können selbst Laien nicht übersehen. Vieles, das mit diesem Etikett versehen wird, ist jedoch längst nicht so intelligent, wie es zu sein vorgibt. Deshalb sagte die US-amerikanische KI-Forscherin Fei-Fei Li im Rahmen einer Podiumsdiskussion auch: «Generative KI ist ein völlig überladener Begriff. Wir an der Universität haben dafür eine enge mathematische Definition.» Trotz des derzeitigen Hypes sei KI jedoch die treibende Kraft einer neuen digitalen Revolution, die sich in allen gesellschaftlichen Bereichen ausbreiten werde. Die CES zeigte jedoch, dass dies wohl noch eine Weile dauern wird. Derzeit ist die Künstliche Intelligenz noch ein riesiger Spielplatz, auf dem ausprobiert wird, was machbar ist – und gesucht wird, was sinnvoll ist.

 

Hilfe vom Roboter

KI und Roboter scheinen nicht nur für Science-Fiction-Fans eine ideale Kombination. Dies bewies an der CES der Ballie von Samsung. Der kugelige KI-Roboter soll unter anderem Termine anzeigen, Anrufe tätigen, Smarthome-Funktionen steuern und Wartungsfristen einzelner Elemente anzeigen können. Das alles gilt zumindest theoretisch, denn mehr als eine gescriptete Präsentation gab es nicht zu sehen, und Beobachter waren sich einig, dass die Robokugel eher in die Kategorie «nice to have» fällt. Praktischer scheint da schon der LG Smart Home AI Agent zu sein, der ebenfalls durch die Wohnung rollt und als Hub für das Smarthome dient. Der Agent verbindet einzelne smarte Elemente und IoT-Geräte und sammelt zu deren Optimierung laufend Umgebungsdaten in Echtzeit. Er kann den User auch mit einer Smartphone-Nachricht darauf hinweisen, wenn ihm beim Patrouillieren durch die Zimmer etwas Aussergewöhnliches wie ein offenes Fenster auffällt. Künstliche Intelligenz findet sich bald auch im Baby-Umfeld – zumindest wenn es nach den Ideen des kanadischen Unternehmens Glüxkind geht. Deren KI-Kinderwagen analysiert laufend die Umgebung und kann bei Bedarf selbstständig bremsen. Zudem wiegt er den Nachwuchs in den Schlaf und rollt eigenständig, wenn die Eltern allzu sehr mit dem Handy beschäftigt sind.

 

Weg damit!

Ein interessanter Trend ist vor allem bei der Unterhaltungselektronik zu beobachten – oder eben nicht! Denn verschiedene Hersteller setzen zurzeit alles daran, ihre Hightech-Geräte so gut wie möglich verschwinden zu lassen. Nachdem Samsung schon vor einigen Jahren mit «The Frame» einen Fernseher präsentiert hatte, der auch als Wechselrahmen für digitale Kunst dient, schob es nun mit dem «Music Frame» ein Boxensystem nach. Es soll ebenso als dekoratives Einrichtungsstück wie der Beschallung dienen. Samsung und LG präsentierten zudem transparente Fernseher mit modernster Bildtechnik, die man nur dann wahrnimmt, wenn sie auch laufen.

 

Gesund werden und bleiben

Die CES ist zwar traditionell vorwiegend eine Messe für Heimelektronik. Doch immer öfter finden sich mittlerweile auch Themen und Anbieter, die den praktischen Mehrwert für Menschen an erste Stelle setzen. Im Gesundheitsbereich können smarte Geräte, oft mit KI ausgestattet, präventiv wirken. BMind des französischen Start-ups Baracoda zum Beispiel ist ein Spiegel, der sich erkundigt, wie es dem User gerade geht. Je nach Antwort kann er anschliessend Massnahmen vorschlagen, um die Stimmungslage zu verbessern. Weil der Spiegel auch noch lernfähig ist, wurde er vom Veranstalter mit einem Innovationspreis ausgezeichnet. Der Food Scanner, den das südkoreanische Unternehmen Nuvilab vorstellte, liefert nicht nur Nährwerte, sondern auch Angaben über Haltbarkeit und die Verwendung von Resten. Für gesundes und nachhaltiges Essen zugleich! Messen will auch BeamO, ein Gerät des  Herstellers Withings. Das handliche Gerät ist Thermometer, Stethoskop, Echokardiogramm und Pulsoximeter in einem. Es erlaubt einerseits das Selbstmonitoring, ermöglicht es andererseits aber auch, die Messdaten direkt an den behandelnden Arzt zu schicken. Dieser kann im Bestfall telemedizinisch erste Warnzeichen für Erkrankungen früh entdecken und geeignete Massnahmen vorschlagen.

 

Für eine Teilhabe am Leben

Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen am gesellschaftlichen Leben so gut wie möglich teilhaben zu lassen, ist immer noch eine riesige Herausforderung. Verschiedene Entwickler präsentierten an der CES Lösungen, die Betroffenen dabei helfen können, weniger auf die Unterstützung anderer angewiesen zu sein. Das internationale Brillenunternehmen Essilor Luxottica setzte auf eine Kombination aus einer Brille und einem im Gestell eingebauten Hörgerät. Einen Schritt weiter will TranscribeGlass mit einem Brillenaufsatz gehen, der Gespräche transkribiert und direkt auf das Brillenglas projiziert – ein Vorteil für Gehörlose! Der Gyroglove wurde gleich mit drei Innovationspreisen ausgezeichnet. Der fingerlose Handschuh stabilisiert die Hände von Menschen, die im Alter oder aufgrund von Erkrankungen unter zitternden Händen leiden. Er sieht zwar nicht gerade elegant aus, verspricht aber, ohne den Einsatz von Medikamenten wirksam zu sein.

 

Natürlich technisch

Vorbei sind die Zeiten, in denen technische Entwicklungen ausschliesslich etwas für Stubenhocker waren. Raus in die Natur – diese Empfehlung nehmen sich auch Entwickler und Herstellerinnen zu Herzen. Aus dem Hause Swarovski Optik stammt zum Beispiel Ax Visio, ein nur auf den ersten Blick herkömmlicher Feldstecher. Benutzt man ihn, zeigt sich jedoch schnell, dass die Österreicher ein Gerät entwickelt haben, das jeden Hobby-Tierbeobachter glücklich machen wird. Mittels einer Identifizierungsfunktion hilft der Feldstecher dabei, Vögel und andere Wildtiere auf Knopfdruck zu bestimmen. Fast schon normal ist, dass das Gerät auch noch Fotos und Videos schiesst, die man mit seiner Community teilen kann. Spannend, aber mit 4600 Euro auch ziemlich teuer. Zum Thema Vögel hat auch Haikubox etwas beizutragen. Das handliche Gerät wurde mit dem Gesang unzähliger Vögel trainiert und nutzt diese Aufnahmen, um das Gezwitscher im Garten, Park oder in der freien Natur zu identifizieren. Jede Haikubox ist zudem an ein Netzwerk zum wissenschaftlichen globalen Monitoring von Vogelpopulationen angeschlossen. Und wer partout nicht aus dem Haus will, holt sich die Nutzen der Natur eben in die gute Stube. Das Biotech-Start-up Neoplants hat die beliebte Efeutute so manipuliert, dass sie organische Schadstoffe 30-mal effizienter als eine normale Pflanze dieser Gattung aus der Luft filtert – ein grüner Hepa-Filter, sozusagen.

 

Mobile Visionen

Mobilität ist ein globaler Megatrend – nicht nur, weil es in vielen Ländern in absehbarer Zukunft den fossilen Antrieben an den Kragen gehen wird. Die CES zeigte, dass fleissig an autonomen Gefährten geforscht wird. Es wurde aber auch deutlich, dass es bis zum angestrebten Level 5 – der vollständig autonomen Fortbewegung, bei welcher der Mensch nur noch Passagier ist – noch ein sehr weiter Weg ist. Dennoch beschäftigen sich Grosskonzerne wie Hyundai schon mit Konzepten, die gar keine Strassen mehr benötigen. Ob diese vor Level-5-autonomen Fahrzeugen umgesetzt werden können, darf jedoch bezweifelt werden. Die Hürden liegen hier nicht so sehr im technischen Bereich, sondern im regulatorischen. Denn auch in der Luft bräuchte es Verkehrsregeln – und die Sicherheit, dass diese zuverlässiger eingehalten werden als jene am Boden. Bis dahin werden sich Konsumentinnen und Konsumenten wohl noch mit neuen, verbesserten und umweltschonenden Antriebsarten sowie der immer umfangreicher werdenden Unterstützung durch – da ist sie wieder – Künstliche Intelligenz zufriedengeben müssen.


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