Aus- und Weiterbildung
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08.03.2024
Erich Schwaninger

Bestehendes mit Neuem verbinden

Die Schweizerische Technische Fachschule Winterthur (STFW) gehört zu den führenden Aus- und Weiterbildungsanbietern der Deutschschweiz. Die Energiewende meistert sie mit pragmatischen Lösungen, das Wachstum mit einem Neubau. Mit der Wirtschaft wünscht sich Direktor Olaf Pfeifer eine enge Zusammenarbeit.

Die Entwicklung geht in Richtung Elektrowirtschaft, doch die fossilen Verbraucher dominieren nach wie vor den Markt. Und das sowohl in der Gebäudetechnik wie auch im Automobilsektor. Wie meistert die Schweizerische Technische Fachschule Winterthur STFW diese anspruchsvolle Aufgabe? Direktor Olaf Pfeifer erklärt dazu: «In der Gebäude- und Automobiltechnik befinden wir uns in einem fundamentalen Umbruch. Sowohl die Automobilbranche wie auch die Gebäudetechnik lösen sich langsam vom fossilen Teil.» Die STFW steht gemäss Pfeifer vor der Herausforderung, einerseits die herkömmliche Technik zu schulen, denn fossile Heizsysteme und Verbrennungsmotoren werde es noch lange geben. Anderseits wird gleichzeitig die Ausbildung für die neuen Technologien forciert, «ein äusserst spannender und anspruchsvoller Prozess». Diese Parallelität benötige mehr Lehrer, Schulraum und Lehrmittel, räumt Olaf Pfeifer ein. Doch diese Entwicklung sei vorhersehbar und somit planbar gewesen. Die STFW ist denn auch vorbereitet, zumindest was den Raumbedarf anbelangt. Im Sommer ist der Spatenstich für einen weiteren Neubau geplant.

Wenn ein Thema noch nicht im Bildungsplan verankert ist, wie etwa die Elektromobilität in der Automobilbranche, wird es an der STFW trotzdem ausgebildet, wie Olaf Pfeifer erklärt. «Die Elektromobilität ist in den Abteilungen Fahrzeugtechnik, Elektrotechnik und Gebäudetechnik fester Bestandteil unserer Ausbildung, inklusive der gesamten Thematik Ladeinfrastruktur bis hin zur Photovoltaikanlage.» Dass die Lehrpläne mit der technischen Entwicklung nicht immer exakt Schritt halten können, ist sich Olaf Pfeifer bewusst. Doch einschränken muss sich die STFW deswegen nicht. «Die grossen Themen der Gegenwart, wie etwa die Transformation der Energiewirtschaft, sind in den Bildungsunterlagen enthalten. Das gibt uns den nötigen Freiraum.»

 

Zurück ins Schulzimmer

Dass die Ausbildungspläne der Berufsverbände möglichst aktuell und optimal auf die Branchen ausgerichtet sind, dafür setzen sich die Schulverantwortlichen persönlich ein, wie Olaf Pfeifer erklärt: «Es gehört zu unserer Aufgabe, uns einzubringen, was ausgebildet werden soll. Mit unserem reichen Praxiswissen können wir die Branchenorganisationen wirkungsvoll unterstützen.» Dieses Engagement verbindet Pfeifer mit dem Wunsch, dass die Verbände noch mehr aufnehmen, was in der Wirtschaft draussen läuft, und umgekehrt sich die Wirtschaft im Verbandswesen stärker engagiert. Es ist diese weit gefasste Zusammenarbeit, die dem Direktor so sehr am Herzen liegt.

Das Miteinander ist auch den Studierenden ein Anliegen. Die Vermutung, der während der Pandemie nötig gewordene Fernunterricht sei Teil einer neuen Normalität geworden, weist Olaf Pfeifer zurück. Als Unterrichtsform sei der Präsenzunterricht wieder der Normalfall, die Studierenden seien freiwillig ins Schulzimmer zurückgekehrt. «Der Fernunterricht war nicht gefragt. Unsere Studenten haben betont, dass sie die Interaktion mit den Kollegen, den Lehrern und den Ausbildungsgegenständen brauchen und generell die STFW vermisst haben.» Der Praxisbezug gemäss dem Slogan: «Wenig Theorie-Blabla. Viel Praxis-Aha!» ist einer der Kernpunkte, der die STFW nach eigenen Angaben einzigartig macht. Der Direktor ergänzt: «Sämtliche Gewerke sind auf kleinstem Raum verfügbar. Davon profitieren die Studierenden und die Lehrer gleichermassen.» Doch ganz verschwunden ist der Fernunterricht nicht. Im Bedarfsfall, etwa wenn einige Studierende nicht zum Unterricht erscheinen können, «sind wir innert fünf Minuten im Stande, die Lektionen hybrid anzubieten». Die Lösungsorientiertheit scheint Olaf Pfeifer tief verinnerlicht zu haben.

Auch wenn die Studentinnen und Studenten zurück im Schulzimmer sind, verändert hat sich die Art des Lernens dennoch. Heute wird der gesamte Ausbildungsstoff elektronisch abgegeben. «Die Leute kommen mehrheitlich nur noch mit dem Laptop. Wer Papier will, muss dies zukünftig berappen», erklärt Pfeifer. Diese Methodenkompetenz hätten sich die Studierenden relativ schnell angeeignet, «die Pandemie hat geholfen». Und offenbar nicht nur hier. Olaf Pfeifer: «Corona war auch eine gute Gelegenheit, das Krisenmanagement zu üben. Wir sind gut durch diese Zeit gekommen und haben gelernt, das Beste aus einer Krise herauszuholen.»

 

Neubau nach BIM-Methode

Und die Studierenden selbst, haben sich deren Werte im Laufe der Jahre verändert? Olaf Pfeifer winkt ab. «Wir erwarten auch heute Eigenständigkeit und Eigenmotivation. Verändert hat sich indessen die Möglichkeit der Stoffvermittlung, was sich positiv auf die Motivation auswirkt.» Eine Veränderung bei den Studierenden sieht der Direktor hingegen bezüglich ihrer Leistungsbereitschaft. «Diese jungen Leute sind heute zusätzlich gefordert, etwa im Haushalt und der Kinderbetreuung, da hat sich einiges geändert. Doch das sind Gewerbler, die haben das drauf.» Olaf Pfeifer sagts mit spürbarem Respekt.

Viel Praxiswissen im Schulzimmer bedingt entsprechendes Lehrpersonal. Lassen sich Dozenten mit diesem ausgeprägten Bezug zum Berufsleben heute noch finden? «Ja, die kommen gerne zu uns. Erfahrene Leute aus jeder Altersstufe, die mit viel Engagement ihre Berufserfahrung an die jungen Berufsleute weitergeben», freut sich der Direktor. Dass die Zeit der Akquise länger geworden sei, erwähnt er in einem Nebensatz.

Ein eher noch junges Themenfeld in der Ausbildung ist Building Information Modeling (BIM). Ist die STFW am Thema dran? «Dran, aber noch nicht ganz drin. Die Gebäudetechnikbranche bekundet Mühe mit der BIM-Thematik», räumt Pfeifer ein. «Doch wir gehen voraus. Einerseits realisieren wir unseren Neubau nach der BIM-Methode. So lernen wir direkt von der Praxis für den Unterricht.» Die Lehrpersonen werden also bereit sein, wenn BIM dereinst Bestandteil in den Lehrplänen der Elektrobranche und auch der Gebäudetechnikbranche sein wird. Doch schon heute müssen die Studentinnen und Studenten nicht auf eine Ausbildung in dieser zukunftsgerichteten Thematik verzichten. Und das, ganz STFW, auf eine praktische und pragmatische Art und Weise, wie Olaf Pfeifer erklärt: «Wir gehen mit den Studierenden zu Unternehmen, die bereits mit BIM arbeiten. So lernen sie von Grund auf, wie diese Methode eingesetzt wird und wie sie funktioniert.»

 

Mit KI den Weg finden

Eine Thematik, die unvermittelt den Weg in die Schulzimmer, aber noch nicht in die Lehrpläne der Ausbildungspartner der STFW gefunden hat, ist die Künstliche Intelligenz (KI). Wie wirkt sich dieses Tool auf den Unterricht aus? Olaf Pfeifer ordnet ein: «Die KI nutzen in erster Linie nicht wir, sondern die Studenten, weil sie sich mit deren Hilfe an den Prüfungen intelligentere Antworten erhoffen.» Doch diese Hoffnung war von kurzer Dauer. Pfeifer: «Seit ein paar Monaten erlauben wir Open Book an den Prüfungen nicht mehr, dies im Gegensatz zu einigen Berufsverbänden. Wir führen die Prüfungen wieder nach herkömmlicher Art durch.» Open Book nützt den Kandidatinnen und Kandidaten gemäss Olaf Pfeifer an einer eidgenössischen Prüfung praktisch nichts, es fehle die Zeit dazu. Ein gutes Beispiel sei EIT.swiss mit den vielen mündlichen Prüfungsfächern, «da nützt Open Book gar nichts».

Sind die Studentinnen und Studenten überhaupt noch motiviert, Grundlagen zu büffeln, wenn sie stattdessen die KI als Informationsquelle nutzen könnten? «Diese Diskussion führen wir zurzeit», sagt Direktor Pfeifer zu dieser für eine Schule nicht ganz einfachen Thematik. «Wir nutzen KI-Tools, indem wir die Studenten dazu auffordern, die oft nicht sehr hilfreichen KI-Antworten kritisch zu hinterfragen. So lernen sie das Medium kennen und schärfen ihr Fachwissen.» Die KI ist gekommen, um zu bleiben. Der sinnvolle Umgang damit, so scheint es wenigstens, muss noch gefunden werden.

 

Ein Gebäude aus einer Hand

Die neuen Anbieter, die in letzter Zeit auf den Markt gekommen sind, fürchtet Olaf Pfeifer nicht: «Wir sind gut aufgestellt. Andererseits findet, speziell unter den kleinen Schulen, eine gewisse Konsolidierung statt.» Die Zuversicht des Direktors ist begründet. Die STFW wächst; im Sommer startet eine weitere Bauetappe. Ist dieser Neubau als Ersatz oder für die Expansion gedacht? «Für beides. Etwa zwei Drittel sind für das zusätzliche Ausbildungsvolumen reserviert, das wir in den kommenden Jahren erwarten, der Rest gilt als Ersatzbau.»

Den Vorschlag, einen Verband zu gründen, der sämtliche Gewerke der Gebäudetechnik umfasst, erweitert Olaf Pfeifer spontan: «Dann nehmen wir gleich noch das Baugewerbe hinzu. Ein Gebäude, alles aus einer Hand.» Die Automobilbranche gehe genau diesen Weg, vom Fahrzeug über die Ladeinfrastruktur bis hin zur PV-Anlage.

Es soll zusammenfinden, was zusammengehört. Vielleicht könnten dann die Bildungsunterlagen etwas schneller aktualisiert werden. Der STFW-Direktor würde das begrüssen.


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