Gebäudehülle / Spenglerei

Das Mansardendach vereint das historische Hotel mit der Erweiterung. (Bild: Stephan Muntwyler, VDSS)

31.05.2024
Manuel Pestalozzi und Stephan Muntwyler, VDSS / PW

Goldene Spenglerarbeit: Sieger 2024

Der Verein diplomierter Spenglermeister der Schweiz (VDSS) vergibt seinen prestigeträchtigen Preis "Goldene Spenglerarbeit" in diesem Jahr an das Kempinski Palace Engelberg.

Das prächtige Dach des traditionsreichen Grandhotels besticht durch seine handwerkliche Qualität. Die Jury des VDSS zeigte sich tief beeindruckt: "Die Tatsache, dass alle Arbeiten, egal ob traditionelle oder moderne Spenglerei, in herausragender handwerklicher Präzision geplant, rekonstruiert, selbst gefertigt und montiert wurden, verdient besondere Anerkennung", so die Jury.

Seit über einem Jahrhundert empfängt das Kempinski Palace Engelberg Gäste aus aller Welt mit herzlicher Gastfreundschaft und unvergleichlichem Luxus. In den Jahren 2016 bis 2020 wurde das Hotel umfassend saniert und renoviert, wobei besonderer Wert auf die Erhaltung des ursprünglichen Charmes gelegt wurde. Ein besonderes Augenmerk galt dabei dem Dach, das in enger Zusammenarbeit mit dem renommierten Spenglermeister Josef Wey erneuert wurde. Fremdenverkehrsorte haben geradezu die Pflicht, Träume Realität werden zu lassen. Die Gäste erwarten ein schönes Ambiente, und sie möchten fürstlich behandelt werden. Diese Ansprüche erfüllt der historische Palast des Hotels Kempinski Palace in Engelberg in traditioneller und zeitgemässer Weise. Sein sorgfältig saniertes Dach setzt diesem Luxus-Hotel eine Krone auf, die das verdeutlicht. Es ziert die Silhouette von Engelberg und prägt so den ganzen Ort mit.

Der Übergang zwischen dem historischen Teil und der Erweiterung ist durch die Gestaltung der Lukarnen sowie die Glas-Einbauten erkennbar. (Bild: Josef Wey AG)

Der Übergang zwischen dem historischen Teil und der Erweiterung ist durch die Gestaltung der Lukarnen sowie die Glas-Einbauten erkennbar. (Bild: Josef Wey AG)

Das Mansardendach vereint das historische Hotel mit der Erweiterung. (Bild: Stephan Muntwyler, VDSS)

Das Mansardendach vereint das historische Hotel mit der Erweiterung. (Bild: Stephan Muntwyler, VDSS)

21 Ochsenaugen wurden in traditioneller Arbeitsweise zugeschnitten, geformt und zusammengeschweisst. (Bild: Josef Wey AG)

21 Ochsenaugen wurden in traditioneller Arbeitsweise zugeschnitten, geformt und zusammengeschweisst. (Bild: Josef Wey AG)

Das Wiederherstellen von Verzierungen erfolgte ausschliesslich in Handarbeit. (Bild: Josef Wey AG)

Das Wiederherstellen von Verzierungen erfolgte ausschliesslich in Handarbeit. (Bild: Josef Wey AG)

Josef Wey ist der Inhaber der Josef Wey AG und Eidg. dipl. Spenglermeister. (Bild: Josef Wey AG)

Josef Wey ist der Inhaber der Josef Wey AG und Eidg. dipl. Spenglermeister. (Bild: Josef Wey AG)

Das Hotel Kempinski Palace Engelberg steht an der Dorfstrasse und grenzt an den Kurpark. Der Bahnhof ist wenige Schritte entfernt. Erbaut wurde es von einer alteingesessenen Engelberger Familie: Der mit dem Entwurf beauftragte, im ganzen Schweizer Alpenraum tätige Hotel-Architekt, Arnold Cattani, war der Bruder des Bauherrn, Hotelier Eduard Cattani. 1904 wurde der palastartige Bau als Grandhotel Winterhaus eröffnet, später nannte sich das Haus Europäischer Hof. Die Verwandlung ins Hotel Kempinski Palace wurde mit grosser Sorgfalt umgesetzt; die von der Denkmalpflege eng begleitete Sanierung, Restaurierung und Erweiterung dauerte von 2016 bis 2020. Das Haus im 5-Sterne-Superior-Segment bietet jetzt 129 Zimmer und Suiten, die über modernste Ausstattungen verfügen. Gespiesen wird nun im neuen «Cattani Restaurant».

 

ALLES UNTER EINEM DACH

Ein Mansardendach vereint die historische Partie des Hotels mit der nördlich anschliessenden Erweiterung, welche den historischen, 1902 eröffneten Kursaal ins Gesamtvolumen integriert. Es hat die Aufgabe, den ursprünglichen Teil mit einer modernen Ergänzung als Einheit zusammenzufassen. Die neuen Bauteile sollen sich an den Bestand anpassen, diesen aber nicht bis ins kleinste Detail imitieren. Teil der Dachfläche sind grössere verglaste Partien, die sich über den Dachbruch vom Hauptdach in die Mansarden-Dachfläche erstrecken. Hinter ihnen befindet sich ein Rooftop-Spa mit herrlicher Aussicht in die Bergwelt. Die gesamte Fläche des Hauptdachs sowie die ausspringende Dachfläche der Metalldeckung besteht aus einem Doppelstehfalzdach aus Aluminium in 0,7 mm Materialstärke in Grau. Die aufaddierte Länge aller Stehfalze beträgt 5035 Meter, 1083 Falzabschlüsse waren auf den total über 2900 Quadratmetern Dachfläche vorzunehmen. Um für zusätzliche «Ruhe zu sorgen», wurde unter der Metalldeckung zusätzlich ein Akustik-Vlies verlegt. Die steilen Flächen des Mansardendaches wurden mit einer Rhombus-förmigen Faserzement-Deckung ausgeführt. Die Kuppeln der historischen Ecktürme wurden ebenfalls in Schiefer gedeckt. Diese geschuppten Flächen haben ein lebhaftes Fugen- und Schattenbild, das sich von den ruhigen Falzlinien der übrigen Dachflächen abhebt. Aufgrund der zu erwartenden Schneemengen und der topografischen Lage des Objektes wurden insgesamt 2200 Meter Schneerückhaltevorrichtungen auf dem Dach montiert. Die angemessene Ausgestaltung der Schneerückhaltevorrichtung unterlag zudem den zahlreichen Faktoren (Terrassen, Gehwege, Zufahrten, Eingänge und dergleichen) und erforderte daher eine objektbezogene Beurteilung und Dimensionierung. Fast unsichtbar wurden auch der Blitzschutz und die Absturzsicherungen geplant und ausgeführt.

 

OCHSENAUGEN, ORNAMENTE

Besondere Aufmerksamkeit verdienen Dach-Details, welche dazu beitragen, dem Gebäude seinen ursprünglichen Glanz zurückzugeben. Mit viel Liebe wurden diverse Elemente entwickelt und realisiert, welche als Nachbildungen des Originals die Formenvielfalt der «Belle Époque, also der Entstehungszeit des Hotels, in Erinnerung rufen. Besonders bei den 56 Lukarnen und den 21 Dachgauben, den so genannten «Ochsenaugen», konnte das beauftragte Unternehmen mit den selbst gefertigten Blechnachbauten brillieren. Ausserdem konnte es auch zahlreiche Ornamente in Blech herstellen, so etwa Blumen oder Blätter, welche die «Krone» des Hotels schmücken. Auch die Spitze des Eingangsturms wurde rekonstruiert und diesem feierlich aufgesetzt. Alle Ornamente, Ochsenaugen, Lukarnen, Verzierungen und Turmspitzen wurden handwerklich in traditionellen Arbeitsweisen in Aluminium mit einer Dicke von 1 bis 3 mm rekonstruiert, zusammengeschweisst und im Anschluss einbrennlackiert.

 

VDSS-ZEHNDER-PREIS für die «GOLDENE SPENGLERARBEIT 2024»

Alle drei Jahre prämiert der Verein diplomierter Spenglermeister der Schweiz (VDSS) herausragende Spenglerarbeiten, Dachdeckungen oder Fassadenbekleidungen aus Dünnblech. Alle eingereichten Objekte werden von einer unabhängigen Jury begutachtet und mit einem individuellen Jury-Kommentar gewürdigt. Dem Gewinner des Wettbewerbs wird der Titel "Goldene Spenglerarbeit" verliehen. Die Auszeichnung ist mit dem "VDSS-Zehnder-Preis", gestiftet von Alex und Jeanette Zehnder, verbunden. Der Preis beinhaltet einen Check im Wert von 10'000 Franken sowie eine vom VDSS entworfene, metallische Plakette mit gravierter Widmung. Diese Plakette wird am Gewinnerobjekt angebracht. Ziel des Preises ist es, Spitzenleistungen in der Spenglerei anzuerkennen und Anreize für weitere Bestleistungen zu schaffen.

 

KOMMENTAR JURY

Das Dach des Kempinski Palace Engelberg ist ein wahres Meisterwerk der Spenglerei. Die Tatsache, dass alle Arbeiten, egal ob traditionelle oder moderne Spenglerei, in herausragender handwerklicher Präzision geplant, rekonstruiert, selbst gefertigt und montiert wurden, verdient besondere Anerkennung. Das Resultat zeugt von der Hingabe und dem Können aller Beteiligten, die ihr Handwerk in Perfektion beherrschen. Die Verwendung von Ochsenaugen, Ornamenten und Lukarnen aus grauem Aluminium trägt zur Wiederherstellung des historischen Charmes des Hotels bei und verleiht ihm trotzdem eine zeitgemässe Note. Das Dach und die traditionellen Elemente verleihen dem Gebäude eine zeitlose Eleganz und stärken die historische und architektonische Bedeutung des Hotels. Die Sanierung des Grandhotels in der Berg- und Tourismusregion Engelberg ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie traditionelle Architektur mit modernen Elementen verschmelzen kann, um ein harmonisches Gesamtbild zu schaffen und dieses Hotel wieder in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.

 


BAUTAFEL

Objekt: Kempinski Palace Engelberg, Dorfstrasse 40, 6390 Engelberg

Konstruktion: Doppelstehfalzdach, Lukarnen und Ornamente

Werkstoff: Metalldeckung in Aluminium EN AW-3005 H12 0,7 mm, PVDF NCS S 5502 Y, Lukarnen und Ochsenaugen in Aluminium EN AW-5754 H24 3,0 mm, NCS S 5502 Y (IGP Dura Face), Gesimse Kuppel in Aluminium EN AW-5005 H24 2,0 mm, NCS S 5502 Y (IGP Dura Face)

Bauherrschaft: Han's Europe AG GmbH, 6390 Engelberg

Spengler: Wey AG, 6023 Rothenburg LU

Architekten: Iwan Bühler GmbH, 6005 Luzern und Sigrist Schweizer Architekten AG, 6003 Luzern


Goldene Spenglerarbeit 2024 - Videos:

Der Sieger (5 Minuten)

Der Film (alle 22 Objekte, 22 Minuten)  


 

Einsatz für die Spengler-Branche
Der Verein diplomierter Spenglermeister der Schweiz (VDSS) wurde 1963 gegründet und setzt sich seitdem für die Pflege der Kameradschaft, die Förderung der Qualität und des Know-hows in der Spenglerei ein. Der VDSS vertritt die Interessen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Er bietet seinen Mitgliedern zudem verschiedene Dienstleistungen und Weiterbildungsmöglichkeiten an. 

vdss.ch


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