Gebäude

27.08.2024
Marcel Schöb

Digitale Planung im Anlagenbau

Die Digitalisierung schreitet voran und auch die Baubranche befindet sich in einem fundamentalen Wandel: Bauprojekte müssen transparenter und produktiver werden. Dies erfordert neue Technologien, neue Standards, neue Prozesse sowie neue Formen der Zusammenarbeit; Digitalisierung ist in der Baubranche ein grosses Thema.

Grosse Bauprojekte virtuell abbilden und damit transparenter und effizienter für alle Beteiligten machen: Building Information Modeling (BIM), eine modellbasierte Planungsmethode, verspricht nicht nur in der Planung grossen Nutzen, sondern auch in der Bauphase und im Betrieb des Gebäudes. So lassen sich Planungs- und Ausführungsvarianten mit dem Einsatz von BIM schon in frühen Projektphasen simulieren und etwaige Probleme erkennen. Bauen wird damit effizienter, einfacher und transparenter.

Über BIM-Bibliotheken stellen Unternehmen und Hersteller digitale Objekte wie etwa Aufhängungen zur Verfügung, die in den Gebäudeentwurf eingepflegt und von Planern mit weiteren Informationen versehen werden. So entsteht ein umfassendes System, mit dem Fehlerquellen und Verzögerungen vermieden werden. Anhand der Planung lassen sich sämtliche Simulationen von der Bauausführung bis zum Gebäudebetrieb vornehmen und entsprechend steuern.

Der BIM-Gedanke umfasst allerdings nicht nur die digitale Planungsphase, sondern ein ganzheitliches System, das interne Prozesse und Strukturen betrifft. Hier braucht es einen umfassenden BIM-Ansatz, von der passenden Software über vernetzte Werkzeuge bis hin zu kompletten Systemlösungen und Serviceleistungen.

 

Optimierter Ablauf – von Anfang an

Die Visualisierung von BIM macht die Planungsoptimierung einfacher – lange vor Baubeginn. Und ein detailliertes BIM-­Modell öffnet die Tür zur Vorfertigung. Werkpläne können mit wenigen Klicks exportiert werden, wodurch die manuelle Vorbereitung für das Bestücken, Schneiden und Montieren entfällt. Der Zusammenbau vor Ort kann entfallen – das spart Zeit, Abfall und reduziert Fehler und Unfälle. Mit Field-to-BIM ist eine genaue und vollständige Bestandsdokumentation von erstellten Gebäuden möglich. Damit ist ein genauer Überblick möglich, was montiert wurde oder was nachbestellt werden muss. Laserscanner und fortschrittliche Bauvermessungsgeräte sorgen für präzise und detaillierte 2-D- und 3-D-Zeichnungen.

 

Praxis und Theorie

Tönt schön und gut, doch wo stehen wir nun in der Praxis, funktioniert das alles so ideal und gilt es mit den verschiedenen Plattformen und Softwarepaketen? Sind wir schneller und besser als vor ein paar Jahren mit der fortschreitenden Digitalisierung? Wo liegen die Alltagsprobleme und/oder kämpfen wir in der Praxis mit Problemen? Alles Fragen, mit denen wir uns nun auseinandersetzen wollen.

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Projektteams in jedem neuen Projekt auf jeder neuen Anlage neu bzw. anders zusammensetzen. Die Teams entstehen meist durch öffentliche Ausschreibungen und sind so «gezwungen», zusammenzuarbeiten. Nicht falsch verstehen, das ist nicht generell schlecht – die Erfahrung zeigt aber, dass eingespielte Teams mit jedem Projekt besser zusammenwachsen bzw. zusammenarbeiten. Sie lernen aus den gemachten Fehlern und entwickeln sich so weiter. Dies ist nun aber aus mehreren Gründen nicht immer möglich.

  • Pflicht der öffentlichen Ausschreibung für Planungsaufträge
  • Mitarbeitermutationen in den einzelnen Firmen
  • Einzelne Teammitglieder können aus terminlichen Gründen in anderen Projekten sich nicht dem Projektteam anschliessen, etc.

Projektstart mit Vorschusslorbeeren

Anlässlich der ersten Sitzung, der Startsitzung, trifft man sich zum ersten Mal mit der Bauherrschaft und definiert oder versucht; die Standards, welche im zu planenden und dann auch umzusetzenden Projekt gelten sollen. Dies müsste eigentlich kein Problem sein, denn alle Beteiligten haben ja in der Angebotsphase grosszügig Referenzprojekte und eingesetzte Tools angegeben. Die Digitalisierung geht über das «eingesetzte CAD» hinaus und ist bereits von Anfang daran umzusetzen und gleichzeitig bis zum Projektabschluss durchzudenken. So ist es immens wichtig, dass die benötigten Werkzeuge, Plattformen, Tools, etc. bereits vor der eigentlichen Planungsarbeit besprochen und definiert werden. Dies geht nur vor dem Start der Planungsarbeiten und nicht nachher und auch nicht parallel. Definieren wir diese Rahmenbedingungen nicht von Anfang an, werden die ersten Arbeiten allenfalls falsch oder unvollständig ausgeführt und müssen nochmals gemacht werden. Auch dass Unterlagen nachträglich nochmals auf die Tools angepasst werden müssen, kommt nicht selten vor. Also nehmen wir uns die Zeit und definieren wir das Vorgehen vor dem Start ins eigentliche Projekt.

 

Einsatz einer Plattform

Bauherrschaft und Planung sind sich einig, eine gemeinsame Plattform einzurichten, auf der die Daten des Projektes einsehbar sind und auf die alle zugreifen können. Doch bereits hier kommen erste Hürden und auch Fragen auf das Projektteam zu, denn in den wenigsten Fällen haben Bauherren bereits eine entsprechende Einrichtung oder klare Vorstellungen über die Funktionen einer solchen Plattform.

Möglichkeiten einer Plattform und entsprechende Produkte gibt es sehr viele. So gibt es Projektbeteiligte, die schwören auf ein gemeinsam genutztes Unterverzeichnis auf ihrem OneDrive-Laufwerk, über eine Dropbox, ein Share Point, bis hin zu einer professionellen Plattform wie SMINO oder dgl. Was aber hat eine solche Plattform für Anforderungen zu tun bzw. welche Fragen sollte sich das Projektteam stellen?

Eine Plattform soll strukturiert werden können und auf einzelne Verzeichnisse der Datenablage soll der Zugriff auf die verschiedenen Unternehmen freigegeben werden können. Nicht alle Daten sind für alle wichtig und teilweise gibt es Daten, die nicht allen zugänglich sein müssen/dürfen. Diesen Ballast der Daten müssen wir nicht allen zumuten. Zudem steigt die Übersichtlichkeit. Weniger ist eben auch mal mehr!

Wichtig ist, dass alle betroffenen Teammitglieder über das Ablegen/Hochladen neuer Unterlagen/Daten informiert werden. Niemand nimmt sich die Zeit, ständig die Plattformen all seiner Projekte auf die für ihn wichtigen Daten zu checken. Ohne Info gehen wichtige Infos vergessen, was zu Fehlern und Verzögerungen führt. Diese Info erfolgt üblicherweise per Mail. Nun sollen die Projektbeteiligten bei der Ablage von 20 Dateien nicht mit 20 Mails zugedeckt werden. Es macht Sinn, wenn die Info z. B. mittels einer Tageszusammenfassung mit allen Änderungen erfolgt. So hat das Mitglied des Projektteams rasch einen Überblick und kann die Daten einsehen und das weitere Vorgehen definieren. Wenn ein Link im Mail gleich auch noch zur entsprechenden Datei führt, ist das nur von Vorteil.

Soll die Plattform in der Realisierungsphase auch den beteiligten Firmen zur Verfügung gestellt werden? Sollen die Ausführungsunterlagen wie z. B. Elektroschemas direkt auf der Plattform abgelegt und für alle zugänglich sein? Wir meinen ja. Es müssen ja nicht Tonnen von Papier in der Welt herumgeschickt werden, die dann kaum oder gar nicht beachtet werden.

Die Plattform muss selbsterklärend (ohne Schulung) funktionieren. Wird die Plattform in der Realisierung auch für die Zusammenarbeit mit dem Unternehmer eingesetzt, ist es ausserordentlich wichtig, dass ein Zugriff nicht nur über einen PC und/oder Notebook erfolgen kann. Es müssen entsprechende Apps für Tablet und Smartphone zur Verfügung stehen. Hier gilt es zu beachten, dass ein Neubau nicht immer und sicher nicht von Anfang an eine WLAN-Abdeckung oder gar eine Inhouse-Natel-Abdeckung hat. Diese Apps müssen also auch «offline» funktionieren und die Daten synchronisieren, sobald sie wieder online sind.

Eine solche Plattform soll auch einen Teil der Arbeiten übernehmen bzw. erleichtern. Klassisches Beispiel ist die Protokollierung. Protokolle, Baujournale, etc. sollen direkt auf einer solchen Plattform geschrieben werden können. Aufgaben bzw. Pendenzen sollen direkt in eine Pendenzenliste überführt werden können, die für alle Beteiligten einsehbar ist. Word und Excel waren für solche Aufgaben gestern – heute arbeiten wir anders.

 

Plattform für das 3D-Modell

Es gilt auch, die Plattform für das 3D-Modell des Projektes zu finden. Allenfalls ist es die gleiche wie oben beschrieben. Nichtsdestotrotz sollen auch hier einige einfache Punkte beachtet werden. Wir möchten jedoch keine 3D-Abhandlung beschreiben, sondern Punkte aus der Praxis aufführen, mit denen im Projektgeschäft täglich gekämpft wird. Etwas Zentrales ist zudem der Einfügepunkt, der heute in der 3D-Zeit eben zu einem Würfel oder einer Pyramide geworden ist. Dieser Punkt stellt sicher, dass die Modelle der verschiedenen Fachplaner übereinanderliegen. Tönt banal in der heutigen Zeit. Aus eigener Erfahrung wissen wir aber, dass dieser Punkt einiges an Zeit erfordert, bis alle Beteiligten in der Lage sind, ihre Modelle korrekt und richtig hochzuladen. Nicht wenig befindet sich eines der Modelle um Kilometer neben dem geplanten Gebäude/Projekt. Ein manuelles Verschieben, und dies jedes Mal, muss im Jahr 2023 nun definitiv der Geschichte angehören. Viele CAD sind auch in der Lage, ihre Modelle automatisch auf die gewählte Plattform hochzuladen.

Die Koordination in einem 3D-Modell ist aus verständlichen Gründen einfacher, da wir ja alles «anschauen» und wo nötig uns mit der 3D-Brille auch durch das Modell bewegen können. Doch von selbst macht sich die Leitungskoordination nicht, auch wenn das verschiedene Projektbeteiligten ab und an meinen. Nach wie vor muss einer im Projektteam den Auftrag und auch das Honorar für die Koordination haben. So gilt es, die automatische Kollisionserkennung durchzuführen und auch Punkt für Punkt mit den betroffenen Fachplanern abzuarbeiten und erneut zu überprüfen. Nur so können wir Überraschungen in der späteren Ausführung verhindern und vermeiden. Auch in der heutigen Zeit holen uns Verfehlungen und nicht gelöste Kollisionen gnadenlos ein.

Zwei Punkte, die wir eigentlich kennen und die mit der heutigen Planungsart immer noch allgegenwärtig sind. Es gehört zum Planungsjob, diese Aufgaben zu erledigen.

 

Fazit

Die Digitalisierung im Baugewerbe ist also keine einmalige Sache, die rein auf Softwarelösungen basiert, sondern ein laufender übergreifender Prozess. Building Information Modeling ist eine ganzheitliche Prozessoptimierung, die alle Prozesse und Strukturen betrifft. Planbare Kosten, mehr Transparenz und effizientere Prozesse – am Ende profitieren alle Beteiligten eines Projekts von BIM.

All diese Probleme lassen ein Bild der Unmöglichkeit aufkommen. So soll es aber nicht sein. Wir stehen zu 100 % hinter der Digitalisierung und setzen diese auch um und entwickeln sie zusammen weiter. Nur sind wir noch lange nicht am Ziel und es gibt noch viele Details und Schnittstellen zu klären, zu definieren, zu optimieren, etc. Wenn alle am gleichen Strick ziehen (und das auch noch in die gleiche Richtung), kommen richtig gute Projekte raus – lassen wir uns nicht unterkriegen und schieben wir die Schuld nicht auf einen anderen, sondern spannen wir zusammen und helfen den Projekten und ihren Methoden zum Fliegen – packen wir es an


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