Wärme & Kälte
Anzeige

07.03.2024
Dr. Benedikt Vogel

Kompakte Kühl- und Heizmodule

Bei Gebäudeheizungen sind Wärmepumpen unterdessen eine Standardlösung. Noch wenig erprobt ist die Nutzung dieser Geräte für die Beheizung/Kühlung von Fahrzeugen. Im Rahmen eines Pilot- und Demonstrationsprojekts des Bundesamts für Energie wurde ein kompaktes Heiz- und Kühlmodul für kleine E-Traktoren getestet. Die Lösung unter Verwendung einer Sole-Sole-Wärmepumpe mit zwei umschaltbaren hydraulischen Kreisläufen könnte Schule machen und künftig auch in anderen Fahrzeugarten zum Einsatz kommen.

Motoren, die mit Diesel oder Benzin betrieben werden, produzieren reichlich Abwärme mit hoher Temperatur. Diese kann direkt für die Beheizung des Fahrzeugs herangezogen werden. Motoren von Elektrofahrzeugen hingegen arbeiten mit einer sehr hohen Effizienz und setzen nur in begrenztem Umfang Wärme frei. Diese hat zudem eine tiefere Temperatur und kann meistens nicht direkt für Heizzwecke genutzt werden. Daher werden diese Fahrzeuge in der Regel direkt-elektrisch beheizt, also mit Strom aus der Batterie. Dieser zusätzliche elektrische Verbraucher schmälert die Reichweite des Fahrzeugs.

Um den Stromverbrauch für die Beheizung der Fahrzeugkabine zu vermindern, kann eine Wärmepumpe eingesetzt werden. Diese nutzt insbesondere Abwärme des Elektromotors und weiterer Komponenten und stellt Heizwärme mit weniger Strom bereit als eine Elektroheizung. Gemäss Berechnungen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich kann der Stromverbrauch für die HLK-Systeme (Heizung, Lüftung, Klima) eines Elektrobusses so um fast 60% gesenkt werden. (vgl. BFE-Artikel ‘Viel Komfort und wenig Strom beim Busfahren’, www.bfe.admin.ch/ec-mobilitaet).

 

Kompakte Bauweise

Ein Bus hat Platz für den Einbau einer Wärmepumpe. Bei kleineren Fahrzeugen ist das nicht ohne weiteres möglich, denn der verfügbare Raum wird für andere Fahrzeugkomponenten gebraucht – oder steht den Nutzern als Sitz- und Laderaum zur Verfügung. Die Rigitrac Traktorenbau AG in Küssnacht am Rigi, die unter anderem kompakte Elektrotraktoren herstellt, liess sich von dieser Ausgangslage nicht abschrecken. Ihre Ingenieure entwickelten für die E-Traktoren ein Wärmepumpen-basiertes Heiz- und Kühlsystem. Die Hochschule Luzern – Technik & Architektur war als wissenschaftliche Partnerinstitution beteiligt. Das BFE unterstützte das Projekt im Rahmen seines Pilot- und Demonstrationsprogramms.

Angesichts des begrenzten Raums kommt ein kompaktes Heiz- und Kühlmodul der Vorarlberger Firma Aircontech zum Einsatz. Es ist unter der Haube des E-Traktors platziert und hat in etwa die Grösse einer Autobatterie (35x25x27 cm). Das HLK-Steuerungsmodul (5x3x2 cm) ist unter dem Armaturenbrett montiert.

«Wir wollten unser Fahrzeug nicht nur mit einer Klimaanlage für heisse Sommertage ausrüsten, daher nutzten wir anstelle eines Kühlaggregats eine Wärmepumpe mit zwei umschaltbaren hydraulischen Kreisläufen, mit der wir kühlen und wärmen können», sagt Rigitrac-Ingenieur Pirmin Zimmermann. «Im Vergleich zur reinen Kühlanlage brauchen wir hier nur ein paar zusätzliche Ventile. Durch sorgfältige Auswahl dieser Komponenten und eine entsprechend clevere Anordnung konnten wir das Fahrzeug kompakt bauen, obwohl es nun zusätzlich eine effiziente Heizung enthält.»

 

Auch für kalte Wintertage

Das Heiz- und Kühlmodul von Aircontech stellt – je nach ‘Betriebsrichtung’ – bis zu 7 kW Heiz- oder bis zu 4.5 kW Kühlleistung bereit. Die Heiz- und Kühlenergie wird zur Beheizung (Winter) oder Kühlung (Sommer) der Fahrerkabine eingesetzt, aber auch zur Kühlung von Elektromotoren und elektrischen Umrichtern sowie zur Temperierung der Batterie. Das Heiz- und Kühlmodul ist fu?r Aussentemperaturen von -15 bis 35°C ausgelegt. Für die Bereitstellung der Wärme wird eine Sole-Sole-Wärmepumpe eingesetzt, welche die ca. 30-grädige Abwa?rme von Elektromotor, Frequenzumrichtern oder der Hydrauliköl-Kühlung heranzieht und auf das gewünschte Temperaturniveau bringt. «Fu?r Ausnahmesituationen bzw. zur Komfortsteigerung ist eine herkömmliche Zusatzheizung (PTC-Heizelement) verbaut», sagt Pirmin Zimmermann.

Abwärme wird in höherwertigen Elektroautos heute schon teilweise genutzt. Im Bereich Nutzfahrzeuge ist der Ansatz von Rigitrac aber noch wenig erprobt. Im Rahmen des P+D-Projekts haben Experten der Hochschule Luzern (HSLU) um Prof. Dr. Beat Wellig die Heiz- und Kühllösung im Labor und bei Feldtests bezüglich Messung der Betriebscharakteristik, Leistungsfähigkeit und Effizienz erforscht. «Unsere Untersuchungen haben die Markttauglichkeit der Heiz- und Kühllösung bestätigt», sagt HSLU-Projektleiter Stefan Flück. Die Auswertungen hätten gezeigt, dass sich die Abwärme der verschiedenen Komponenten trotz der vergleichsweise tiefen Temperaturen nutzen lasse – entweder über die Wärmepumpe oder in speziellen Situationen sogar direkt. «An einzelnen Punkten kann die Steuerung des Heiz- und Kühlmoduls noch optimiert werden», ergänzt Flück.

Längere Einsatzdauer

Die HSLU-Wissenschaftler bestimmten mit ihren Messungen den energetischen Vorteil der neuen Heizung. Für die Wärmepumpe (nur Heizbetrieb) ermittelten sie eine durchschnittliche Umwandlungseffizienz von Strom in Wärme (COP) von 2,9. Damit arbeitet die Wärmepumpe etwas weniger effizient als Wärmepumpen für Gebäudeheizungen (COP von 3 bis 5), was sich mit dem grösseren inneren Temperaturhub der Traktoren-Wärmepumpe erklären lässt.

 

Dabei muss man sich vor Augen halten, dass der Strombedarf der Wärmeerzeugung nur einen geringen Anteil am Energieverbrauch der E-Traktoren hat. Daher kann die Wärmepumpe den Stromverbrauch des Fahrzeuges nicht so stark vermindern und entsprechend die Einsatzdauer des Fahrzeugs mit einer Batterieladung nicht so viel verlängern: Bei tieferer und mittlerer Arbeitsleistung – so werden E-Traktoren im praktischen Einsatz die meiste Zeit betrieben – steigt die Einsatzdauer um 6 bis 10% (entspricht 15 bis 45 Minuten).

Auch wenn der Gewinn an Einsatzdauer durch Nutzung der Abwärme beschränkt ist, rechne sich die Wärmepumpe, sagt Rigitrac-Geschäftsführerin Theres Beutler: «Wenn das Fahrzeug dank der Wärmepumpe für die gleiche Einsatzdauer weniger Strom braucht, können wir eine kleinere Batterie einbauen, und das spart Kosten. Diese Einsparungen sind höher als die Mehrkosten für die Ventile, die für den umschaltbaren Betrieb der Wärmepumpe nötig sind.»

 

Auf andere Fahrzeuge übertragbar

Rigitrac hat im Jahr 2023 zwölf E-Traktoren mit dem neuen Heiz- und Kühlsystem gebaut. Durch Kooperation mit dem italienischen Landmaschinenhersteller Goldoni-Keestrack SRL soll die Stückzahl in Zukunft gesteigert werden. Im Vordergrund stehen Traktorfahrzeuge für den kommunalen Einsatz. Grundsätzlich lasse sich das Wärmepumpen-System in allen Arbeitsmaschinen sehr gut nutzen, betont Theres Beutler. Die besten Voraussetzungen dazu böten Arbeitsmaschinen, die eine gewisse Abwärme erzeugen, die aber hinsichtlich Leistung resp. Temperatur nicht hoch genug ist, um direkt damit zu heizen. Mittels der Wärmepumpe könne die Abwärme der Komponenten auf ein nutzbares Niveau angehoben werden. «Solange die Batteriepreise auf einem hohen Niveau liegen oder die Platzverhältnisse keine gro?ssere Batterie zulassen, ist jede Effizienzsteigerung ein Gewinn für den Kunden sowie auch für den Produzenten», sagt Beutler.

Die Autoren des Projektschlussberichts sehen für das Heiz- und Kühlsystem einen Einsatz auch bei anderen Fahrzeugarten: «Solche Systeme können nicht nur für ‚Spezialfahrzeuge‘ (z.B. Traktoren, Lastwagen oder Baumaschinen) eingesetzt werden, sondern auch für Automobile.» Interessant ist in diesem Kontext ein weiteres vom BFE gefördertes Projekt: Darin soll ein batterieelektrischer Traktor für die Landwirtschaft gebaut und das Anbaugerät (Mähwerk, Futtermischer usw.) von hydraulischem auf elektrischen Antrieb umgerüstet werden. Bei der Erprobung unter Praxisbedingungen soll untersucht werden, welche Energieeinsparpotentiale bei einer Gesamtbetrachtung solcher Traktor-Geräte-Kombinationen auf Bauernhöfen mit eigener Stromproduktion möglich sind.

 

Blick auf das Heiz- und Kühlmodul während der Tests auf dem Prüfstand der Hochschule Luzern.

 

 Vereinfachte schematische Darstellung des Heiz- und Kühlsystems für den E-Traktor: Als Wärmequellen dient die Abwärme verschiedener Fahrzeugkomponenten (z.B. Elektromotoren, Frequenzumrichter oder Hydrauliköl-Kühlung). Die Wärmequellen werden durch einen Kreislauf (blau) erschlossen. Die Wärme wird mit der Wärmepumpe auf eine höhere Temperatur gehoben und zur Beheizung der Fahrerkabine (aber auch zur Temperierung der Batterie) genutzt (roter Kreislauf).

 

 

Umschaltventil

 

Mit der Wärmepumpe lässt sich die Fahrerkabine gemäss Simulationen der HSLU (rote Linie) in 17 Minuten von 10 auf 23,5 °C aufheizen (bei einem Strombedarf von 231 Wh). Bei einer Messung am Traktor betrug die Aufheizzeit für Kabine und die gleichzeitige Temperierung der Batterie 27 Minuten (blaue/grüne Kurve). Zum Vergleich: Für den gleichen Vorgang braucht das PTC-Heizelement 50 Minuten (Strombedarf von 915 Wh). Die Wärmepumpe braucht nur einen Drittel der Zeit und einen Viertel des Stroms. Im praktischen Betrieb werden Wärmepumpe und Zusatzheizung (PTC-Heizelement) teilweise kombiniert, was die Aufheizzeiten verkürzt.


Das könnte Sie auch interessieren:



Newsletter

Abonnieren Sie den gebäudetechnik.ch-Newsletter und bleiben Sie auf dem Laufenden. Wir liefern Ihnen interessante Berichte, Hintergrundinformationen, Veranstaltungshinweise und vieles mehr rund um das Thema vernetzes Bauen.





close