Andreas Widmer
Interview mit Giuseppe Perrino
Die Aufgaben von Ingenieurbüros sind anspruchsvoller und vielseitiger geworden. Die Gewerke der Gebäudetechnik sind heute eng vernetzt und verlangen ein hohes Mass an Fachkompetenz. Auch gesetzliche Vorgaben und verschiedene Normen wurden den Bedürfnissen der modernen Zeit angepasst. Der Klimaschutz steht immer mehr im Zentrum und verlangt zusätzliches Knowhow.
Giuseppe Perrino ist ein ausgewiesener Fachmann, welcher in den vergangenen dreissig Jahren in verschiedenen technischen Unternehmen wie Ingenieurbüros oder in der Forschung, führende Positionen besetzt hat. Heute ist er Geschäftsführer der Hubacher Engineering GmbH mit Sitz im sankt-gallischen Engelburg. planer+installateur setzte sich mit Perrino zusammen und wollte mehr wissen:
Giuseppe Perrino, was sind heute typische Aufgaben und Herausforderungen eines Ingenieurbüros wie Hubacher Engineering?
In der sich stetig weiterentwickelnden Welt der Gebäudetechnik stehen wir vor vielfältigen Herausforderungen. Eine breite Palette von Aufgaben ist zu übernehmen, um innovative und nachhaltige Lösungen daraus zu entwickeln. Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung zukunftsweisender Energiekonzepte. Das beinhaltet nicht nur die Integration erneuerbarer Energien, sondern auch die präzise Simulation und Analyse von Gebäudesystemen. Dabei werden nicht nur die Effizienz optimiert, sondern auch ökologische Aspekte berücksichtigt.
Ein weiterer bedeutender Bereich ist die Qualitätssicherung und das Qualitätsmanagement. Die Messtechnik und die Erstellung von Gutachten bilden eine solide Basis für präzise Analysen. Durch genaue Überwachung des Betriebs von Anlagen und die Auswertung umfassender Messdaten werden Schwachstellen identifiziert und Optimierungspotentiale aufgezeigt.
Aktive Beteiligung an Forschungsprojekten
Forschungsaufträge spielen eine entscheidende Rolle im Innovationsprozess eines Ingenieurbüros. Die aktive Beteiligung an Forschungsprojekten ermöglicht es, neue Technologien, Materialien und Methoden zu erproben, um kontinuierlich die Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit der Gebäudetechnik zu verbessern. Zudem engagieren wir uns aktiv bei Betriebsoptimierungen und Inbetriebsetzungen von Anlagen. Die Erfahrungen aus der Planung und Simulation fliessen dabei in praxisnahe Lösungen ein, um eine reibungslose Funktionalität sicherzustellen. Ein spezialisierter Service, wie der Wärmepumpencheck, unterstreicht das Engagement des Ingenieurbüros für verschiedene Kundengruppen. Hier werden Effizienzbewertungen, Fehlerdiagnosen und Optimierungsempfehlungen für Private, Industrie und die öffentliche Hand angeboten.
Wo sehen Sie Knacknüsse und Verbesserungspotential in der Planung von Neu- und Umbauten?
Die ständig fortschreitende Technologie und die steigenden Anforderungen an Energieeffizienz erfordern eine kontinuierliche Vertiefung des Fachwissens. Das Erstellen zukunftsorientierter Energiekonzepte erfordert nicht nur ein Verständnis für bestehende Technologien, sondern auch die Fähigkeit, innovative Lösungen zu integrieren. Dabei spielt die Kenntnis neuester Entwicklungen im Bereich erneuerbarer Energien, intelligenter Gebäudesteuerungssysteme und energieeffizienter Baustoffe eine entscheidende Rolle. Um dieses Verbesserungspotential zu nutzen, setzen wir auf regelmässige Weiterbildung der Planungsteams. Dies umfasst nicht nur den Erwerb neuester Kenntnisse, sondern auch die praktische Anwendung in realen Projekten. Es ist entscheidend, dass Planer nicht nur auf dem aktuellen Stand der Technik sind, sondern auch proaktiv nach neuen Ansätzen und Technologien suchen.
Wie könnten Fachverbände die Wissensvermittlung gegenüber Fachleuten im HLK-Bereich noch verbessern?
Die Fachverbände, leisten bereits durch bestehende Schulungs- und Weiterbildungsangebote einen sehr wertvollen Beitrag zur Wissensvermittlung im HLK-Bereich. Dennoch gibt es Möglichkeiten, die Qualität weiter anzuheben. Eine Schlüsselkomponente ist die Förderung von praxisorientierten Schulungen und Workshops. Durch die Integration von realen Fallstudien und praktischen Anwendungen können Fachleute nicht nur theoretisches Wissen erwerben, sondern lernen auch, die praktische Umsetzung besser verstehen. Zusammenfassend ist es wichtig, dass Fachverbände weiterhin die Vielfalt der Weiterbildungsmöglichkeiten erkennen und ausbauen.
Wie ist Hubacher Engineering in der Branche vernetzt und mit welchen Verbänden und Organisationen besteht eine Zusammenarbeit?
In der Branche sind wir eng vernetzt und pflegen Kontakte zu den meisten HLK-Verbänden. Unsere starke Vernetzung basiert nicht nur auf einer passiven Mitgliedschaft, sondern auch auf einer aktiven Beteiligung an verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen. Wir legen grossen Wert darauf, Projekte in der Branche aktiv mitzugestalten, um einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung der Branche leisten zu können.
Vermehrt wird nachhaltiges Bauen über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes verlangt. Nicht nur die Betriebsenergie, auch die graue Energie der Materialien soll berücksichtigt werden. Welche Vorteile bietet beispielsweise die BIM-Methode diesbezüglich und wird sie ebenfalls von Ihnen verwendet?
Nicht nur während des Bauprozesses, sondern auch im laufenden Betrieb zeigt die BIM-Methode Vorteile. Durch die Integration von BIM im Betrieb können wir beispielsweise ein digitales Dashboard nutzen, welches Echtzeitdaten über den Energieverbrauch und andere betriebliche Parameter bereitstellt. Diese Visualisierung ermöglicht es, den Energieverbrauch zu überwachen, potentielle Effizienzsteigerungen zu identifizieren und gezielte Massnahmen zur Reduzierung des Betriebsenergiebedarfs zu ergreifen. Somit ermöglicht die BIM-Methode, die Nachhaltigkeitsziele über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes umzusetzen.
Wie sieht es aus mit dem Ausbildungsbedarf zu BIM im Betrieb und den Ressourcen für die Implementierung neuer Arbeitsprozesse?
BIM wird vorrangig für grössere Bauprojekte als essentielles Werkzeug betrachtet. Kleine Bauvorhaben werden noch traditionell erstellt. Der Ausbildungsbedarf für BIM ist signifikant, und die Implementierung neuer Geschäftsprozesse erfordert Ressourcen. Dennoch könnte BIM im Kontext von Fachkräftemangel helfen, da viele Arbeitsprozesse durch Automatisierung optimiert und auch vereinfacht werden können.
Wovon profitieren Investoren, wenn sie ein Projekt bei Hubacher Engineering in Auftrag geben?
Sie profitieren nicht nur von unserer langjährigen Erfahrung, sondern auch von einer hohen Kundennähe. Wir legen grossen Wert auf enge Zusammenarbeit und offene Kommunikation. Diese persönliche Nähe ermöglicht es uns, massgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, die nicht nur technisch exzellent, sondern auch genau auf die Bedürfnisse und Vorstellungen der Kunden zugeschnitten sind.
Sie sprechen von ganzheitlichen Lösungen. Was verstehen Sie darunter?
Ganzheitliche Lösungen bedeuten, dass wir nicht nur planen, sondern selbstlernende Systeme entwickeln. Dies umfasst praxiserprobte Ansätze, bei denen wir nicht nur während der Planungsphase, sondern auch während des Betriebs lernen und optimieren. Unsere ganzheitlichen Lösungen berücksichtigen nicht nur technische Aspekte, sondern integrieren auch ökologische und ökonomische Faktoren. Durch diese umfassende Betrachtungsweise schaffen wir nachhaltige und effiziente Lösungen, die den gesamten Lebenszyklus eines Projekts einbeziehen.
In einer Fachzeitschrift war mal folgendes Zitat zu lesen; «Die Umstellung der Energieversorgung zum Schutz unseres Klimas ist die Mondlandung des 21». Jahrhunderts. Dazu braucht es politische Vision, diplomatisches Geschick und die Tatkraft der Ingenieure und Techniker. Wie trifft Sie diese Aussage auf Sie zu?
Diese Aussage spiegelt die drängende Herausforderung der Energieumstellung zur Bewältigung des Klimawandels wider. Als Ingenieure und Techniker tragen wir eine entscheidende Verantwortung, um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen. Wir müssen nicht nur mit Tatkraft agieren, sondern auch unsere Expertise nutzen, um innovative Lösungen zu entwickeln. Gleichzeitig ist eine enge Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern und Diplomaten unerlässlich, um die notwendigen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Energieversorgung zu schaffen. Jeder von uns muss seine Rolle spielen, aber vor allem müssen wir handeln und umsetzen, denn die Zeit drängt, und die Herausforderung erfordert konkrete Massnahmen.